Einblicke in ein Pfadfinderlager in Österreich
von Tabita Lipowski
Es ist der erste Lagertag, die Zelte sind gerade aufgestellt und – es beginnt zu regnen. Die Abkühlung ist zwar ganz nett, aber nur die ersten Minuten… Irgendwann wird uns klar, dass der Regen länger dauern könnte. Wir tun so, als ob uns das nicht interessiert und feiern die Sonntagsmesse in der Jurte. Dabei erklärt uns der Priester, dass wir hier in der Nähe der Strommasten die besten Blitzableiter haben und deswegen die Angst vor Blitzeinschlägen unbegründet sei… 🙂 Über mögliche Überschwemmungen wird nicht gesprochen.
Der Regen geht weiter und wir gehen über zur Abendrunde, froh über das Jurtendach über unserem Kopf. So bleiben wir von oben trocken. In der Abendrunde üben wir unseren „Lager-Schlager“. Ein Lied, mit dem wir unsere gute Laune gut zeigen können und der gleichzeitig bei uns gute Laune bewirkt. Denn griesgrämig gucken bringt nichts, es regnet einfach weiter.
Die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag – fast ununterbrochen. Lieber Gott, was hast Du Dir dabei gedacht?!
Auf dieses Thema bekommen wir diesmal von unserem Pater eine Antwort: Gott ist wie Eltern mehrerer Kinder, die auch nicht immer den Willen eines einzigen Kindes erfüllen, sondern darauf bedacht sind, dass sie Entscheidungen treffen, die für alle gut sind.
Also resümieren wir, dass irgendjemand grad Regen braucht. In Ordnung, aber mittlerweile ist der Lagerplatz so, dass man teilweise bis zum Knöchel im Gatsch (= Matsch auf Österreichisch) steht und so kann man definitiv keine Lagerbauten aufbauen und an trockenes Schlafen ist auch nur bei den wenigsten noch zu denken.
Also ziehen wir um. Wir dürfen in Kleinwolfstein alles zum Trocknen aufhängen und uns für einen Tag einrichten. Den Pfadfinderinnen ist die gute Laune auch nicht verloren gegangen und es wird eine neue Strophe für unseren Lager-Schlager gedichtet.
Langsam scheint Gott festzustellen, dass Er unsere Prüfung an Gottvertrauen, guter Laune und Flexibilität nun beenden kann und die Sonne kommt heraus – an einem Marienfest, an dem sie bekanntlich immer irgendwann zu sehen ist. So hat unser Lagerplatz die Möglichkeit zu trocknen und wir können wieder zurückziehen und unser geplantes Programm durchführen: Lagerbauten bauen, Kochen, spielen, Katechesen lauschen, baden und so weiter. Dieses Jahr gehen wir auch auf einen Hof, dürfen reiten und lernen etwas über Bienen. Ein Besuch von Stift Seitenstetten steht auch auf dem Plan und wir freuen uns sehr, dort einen befreundeten Priester zu treffen.
Als Höhepunkt des Sommerlagers gehen wir Rosenkranz betend zur nahegelegenen Sandhöhle, da dort eine Pfadfinderin ihr Versprechen ablegen will. Mit diesem verspricht sie, sich aus ganzem Herzen für Gott und die Mitmenschen einsetzen zu wollen. Nach dieser beeindruckenden Zeremonie erkunden wir die Höhle und feiern in dieser besonderen Atmosphäre noch bei einer Abendrunde.
Nach vielen sonnigen, warmen Tagen neigt sich unser Lager dem Ende zu, die Führung kocht das Abschlussessen und die Pfadfinderinnen sind in der lang ersehnten Wir-dürfen-alles-fragen-was-uns-beschäftigt-Katechese.
Da kommen Wolkentürme, die immer mehr in die Höhe wachsen und nach fünf langsamen großen Tropfen gießt es wie aus Kübeln. Doch wir haben gelernt, allzeit bereit zu sein. In Null-Komma-Nichts ist alles in der Jurte und abermals strömt das Wasser rund um uns herum, aber wir sind sicher und geborgen wie in der Arche. Wir entzünden ein Feuer, um weiter kochen zu können, und gleichzeitig singen wir aus voller Kehle unseren Lager-Schlager und was uns noch so alles einfällt, da hört man zumindest keinen Regen mehr. Es ist ganz klar: Vom Wetter lassen wir uns unsere Laune nicht verderben, Gott hält sein schützendes Jurtendach über uns.
( Erschienen in PM 153 4-2020, S. 16 – 17)
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