Valentina Peter aus Wangen im Allgäu

Vom Leben und Sterben einer katholischen Pfadfinderin

von Judith Christoph

Valentina (ganz rechts im Bild) mit ihrer Gilde. Valentina lebte besonders das achte Pfadfindergesetz „Die Pfadfinderin lacht und singt in Schwierigkeiten“. Nach einem halben Jahr in der Gilde, erkrankte sie an Krebs. Am 6. März durfte sie noch ihr Versprechen ablegen.

Valentina kam am 24.03.2003 als „Sahnehäubchenkind“ (nach Armin, *1989, und Isabel, *1991) in Wangen im Allgäu zur Welt. Sie war ein fröhliches und cleveres Mädchen, das nach der Grundschule auf den altsprachlichen Zweig des Spohn-Gymnasiums nach Ravensburg in den Hochbegabtenzug wechselte.

Im Herbst 2014 trat sie dem Stamm Wigratzbad der KPE bei, da sie sich sofort bei den Mädels der Gilde menschlich und geistlich beheimatet fühlte. Ein halbes Jahr später, am 15. April 2015, erhielt Valentina die Diagnose, dass sie an einem hochaggressiven Knochentumor erkrankt sei. Es erfolgte die umgehende Einlieferung in die Uniklinik Ulm, Abteilung Kinderonkologie. Dort wurde ihr eröffnet, dass ihre Chance zu überleben, sehr gering sei, und dass sie nun einen sehr, sehr schweren Weg gehen müsse. Mit ihren Eltern einigte sie sich darauf, dass von nun an die Kinderonkologische Abteilung (KK3) der Uniklinik Ulm ihr ganzes Vertrauen bekomme, um auch noch die kleinste Chance zu nutzen. Valentina konnte die Erfahrung machen, dass ihr Vertrauen umfassend beantwortet wurde durch ein hingebungsvolles Engagement der gesamten „KK3-Mannschaft“.

Die Erfahrung der absoluten Ohnmacht, etwas für das leibliche Wohlergehen bzw. die Genesung des Kindes tun zu können, war für die Eltern und Geschwister einschneidend. Den Eltern wurde klar, dass sie von nun an nur noch einen, aber einen extrem wichtigen Auftrag für das Kind haben: Gemeinsam und basierend auf dem Boden der katholischen Kirche eine tiefgreifende, fundierte Zuversicht auszustrahlen und so das Wunder – in welcher Form auch immer – zu ersehnen. An dieser Zuversicht, die jenseits von Verdrängung oder ängstlichen Erwartungen angesiedelt ist, machte sich Valentina fest und stärkte mit ihrer Zuversicht wiederum die Eltern. Alle drei stellten fest, dass der gemeinsame geistliche Boden ein Fels in der Brandung des aktuellen Lebens für sie ist.

Sofort wurde mit einer sehr aggressiven Chemotherapie begonnen in der Hoffnung, den Knochentumor noch eindämmen zu können. Gleichzeitig musste Valentina ab sofort ihr Leben im Bett oder im Rollstuhl und mit Krücken bewältigen, denn der Tumor hatte bereits ihr Becken gespaltet. Trotzdem war sie immer munter und kampfeslustig. Sie nahm die Kriegserklärung des Tumors mit aller Kraft an. Nach 6 Wochen waren alle Lebenssysteme von Valentina so stark überlastet, dass sie beinahe gestorben wäre. Nur eine last-minute-Transfusion von Immunkörpern eines kurzfristig aufgerufenen Spenders mit ähnlichem Blutbild rettete ihr das Leben. Die Chance dafür stand bei 50:50. Dann wurde der schwere Leidensweg mit der Chemotherapie monatelang fortgesetzt.

Valentina legte großen Wert auf diesen Weg, denn sie wollte den Tumor mit aller Macht bekämpfen. Das Wachstum des Tumors konnte so erst einmal gebremst werden.

Im September kam die nächste Diagnose: Der Tumor hatte seinen genetischen Code geändert, er wuchs nicht mehr in den Knochen hinein, sondern in das Gewebe. Die notwendige Chemotherapie sprach nicht mehr an. Es erfolgte somit etwa auf halbem Wege der Abbruch der Standardtherapie, denn sie war durch die Resistenz des Tumors hinfällig geworden. Damit wurde die Situation für Valentina extrem lebensbedrohlich, da keine medizinisch erprobten Waffen mehr verfügbar waren. Sie verlangte mutig nach neuen Wegen, denn sie wollte trotzdem kämpfen. Das Leben war ihr fraglos, trotz aller Widrigkeiten, kostbar.

Von jetzt an nahm sie an der Erprobung neuer Medikamente teil, die zum Teil einen Aufschub bewirkten. Alles, was ihr die Chance auf möglichst viele schöne Tage ermöglichen konnte, war ihr wichtig. Sie begann wieder mit einem „regelmäßigen“ Schulbesuch, d. h. zwei Schulstunden, nach denen sie dann gleich weiter fuhr nach Ulm zur Behandlung und/oder Untersuchung. Auf diese Weise erreichte sie mit vielen gesundheitlichen Höhen und Tiefen aber immer voll Zuversicht und – wann immer möglich – mit guter Laune ihr letztes Weihnachtsfest. Noch einmal konnte sie mit der ganzen Familie zu Hause Weihnachten feiern. Sie war überglücklich.

Danach verschlechterte sich ihr Zustand rapide. Eine 6-wöchige Hochdosisbestrahlung im Januar/Februar an der Uniklinik Ulm, Abteilung Radiologie, verschaffte ihr nochmals Erleichterung. Sie freute sich und genoss jeden Tag, der ihr etwas Normalität verschaffte. Die Ärzte begannen, mit ihr über das Sterben zu sprechen. Sie nahm es sehr gefasst auf, denn sie kannte das wahrscheinliche Ende dieses Weges seit September letzten Jahres und wusste sich gehalten in ihrem katholischen Glauben.

Auf ihren Wunsch hin wurde der eingesetzte Katheter operativ entfernt und durch einen Port ersetzt, der es ihr nochmals erlaubte, endlich wieder einmal zu baden bzw. ins Schwimmbad zu gehen.

Der absolute Höhepunkt für ihr kurzes Leben war das Ablegen des Pfadfinderversprechens bei der Katholischen Pfadfinderschaft Europas (KPE). Spätestens jetzt war jedem klar, was Valentina ermöglichte, diesen schweren Leidensweg so zuversichtlich und fröhlich zu gehen. (…) Sie kämpfte um die Schönheit eines jeden Tages ihres Lebens bis zum letzten Tag. Noch am Abend vor ihrem Tod spielte sie mit ihren Eltern Karten fast bis Mitternacht. Als dann Schluss sein sollte, beschwerte sie sich, dass sie immer so früh ins Bett müsse.
Am Samstagnachmittag, den 9. April 2016, verließen sie die Kräfte, da ihre Lunge nicht mehr genug Sauerstoff aufnehmen konnte. Sie starb friedvoll um 21:20 Uhr. Ihr Leben war erfüllt, es gab nichts mehr hinzuzufügen. Ihrem erlösten Gesicht war anzusehen, dass sie die Ewigkeit Gottes schauen durfte.
Am 16. April 2016 feierten viele Freunde von Valentina den Gedenkgottesdienst in der diözesanen Gebetsstätte Wigratzbad unter wesentlicher Mitgestaltung der KPE. Die Pfadfinder sangen ihr zur Ehre den Psalm 91,11-12 in der mehrstimmig vertonten Fassung von Felix Mendelssohn Bartholdi.

Kurt und Renate Peter

Gerne verweisen wir auf die von Valentinas Eltern gegründete Stiftung zur Unterstützung der häuslichen Pflege und intensiv-medizinischen Betreuung insbesondere krebskranker oder schwerkranker Kinder und deren Familien:
www.StiftungValentina.de
facebook.com/StiftungValentina

(Erschienen in PM 137 3/2016, S. 7-8)

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