Junggesellenabschied der besonderen Art

von Carolin Schmitz

„Warum macht man sowas?“ – Diese Frage wurde wohl jedem Pfadfinder schon einmal gestellt. In der Pfadfinderstufe wird man gefragt, warum man freiwillig zwei Wochen ohne Dusche, Bett und Internet verbringt, in der Raiderstufe, warum man sich drei Wochen freiwillig von Nudeln mit Saucenpulver ernährt und als Führung, warum man für ein Wochenende nach Polen, Italien oder Belgien fährt um ein Sommerlager vorzubereiten.

„Warum macht man sowas?“ wurde ich vor Kurzem wieder einmal gefragt, aber beginnen wir von vorne:

Es ist der 05. Juni: zwei Wochen vor meiner Hochzeit, 04:30 Uhr in meinem WG-Zimmer. Auf einmal wird die Tür aufgerissen und acht gut gelaunte Raiderinnen singen „Dämmert von fern“, um mich aufzuwecken. Völlig perplex versuche ich zu begreifen, was hier vor sich geht, am Ende des Liedes habe ich dann alles soweit geordnet. Dann kommt aber schon die nächste Ansage von meiner Trauzeugin: „Liebe Carolin, du hast jetzt 10 Minuten Zeit, um deine Kluft anzuziehen, dich fertigzumachen und eine alte Hose einzupacken“. Gesagt, getan – und dabei noch viel zu müde, um mir Gedanken nach dem Warum zu machen. Kurz darauf belade ich mit den anderen zwei Autos, die bereits eigentlich ziemlich voll mit Rucksäcken, Gummistiefeln und Essen sind. Angeblich fahren wir nach Altötting – meiner Meinung nach wurde das jedoch nur gesagt um mich zu verwirren, denn was bitte sollen wir in Altötting mit Gummistiefeln? Wohl kaum wallfahrten.

Zu meiner Überraschung verstärkt sich unser Team nun noch um zwei alte Pfadfinderfreundinnen aus Erlenbach, und dann geht’s los. Und tatsächlich, dreieinhalb Stunden später parken wir unser Auto in Altötting – mittlerweile ist das Rätsel auch für mich gelöst: bis gestern war für heute ein – mehr oder weniger normaler – Junggesellenabschied geplant… jedenfalls solange, bis die Organisatorinnen auf die Idee kamen, dass man diesen und einen Hilfseinsatz in Simbach, den man sonst hätte streichen müssen, auch miteinander verbinden könnte.

Den Hilfseinsatz starten wir mit einer Hl. Messe gemeinsam mit den anderen Pfadfindern, die zum Helfen gekommen sind, sowie mit Frühstück und Katechese, um nochmal Kraft zu tanken. Danach fahren wir mit dem Zug nach Simbach. Als wir dort ankommen, ist offensichtlich, dass es hier einiges zu tun gibt: die Häuser sind voller Matsch, teilweise bis zum Erdgeschoss, Berge von ehemaligem Eigentum sind vor den Türen aufgetürmt, … Also sucht sich jeder von uns eine Arbeit in einer kleinen Helfergruppe: Die einen räumen einen Kleiderladen leer, die anderen tragen Matsch aus Kellern, es werden Wohnungen halbwegs gesäubert, Kisten eingepackt, und und und. Allen gemeinsam war am Ende jedenfalls die vollgematschte Kleidung, der Muskelkater, aber auch die Gewissheit, hier zumindest ein kleines Stück geholfen zu haben. Nach dem Hilfseinsatz kam dann der gemütliche Teil: Wir besuchten die Gnadenkapelle in Altötting, setzten uns noch gemütlich mit einem Eis auf die Wiese und genossen den Abend sowie die Autofahrt zurück.

Und um auf die Anfangsfrage zurückzukommen: „Warum macht man sowas?“. Neben der nicht zu unterschätzenden Tatsache, dass man an solchen Tagen die Erlaubnis hat, sich mal wieder so richtig einzumatschen und der unglaublich lustigen Autofahrt wohl deswegen, weil wir durch unsere „Pfadfinderkarriere“ immer mehr erfahren dürfen, was wahrhaft glücklich macht – um es in BiPis Worten zu sagen: „Ich glaube, Gott hat uns in diese Welt gestellt, um darin glücklich zu sein und uns des Lebens zu freuen. Das Glück ist nicht die Folge von Reichtum oder Erfolg im Beruf und noch weniger von Nachsicht gegen sich selbst. Ein wichtiger Schritt zum Glück besteht darin, dass Ihr Euch nützlich erweist […] Das eigentliche Glück aber findet Ihr darin, dass Ihr andere glücklich macht.“ Und diese Erfahrung durften wir an diesem Tag wieder einmal freudig machen.

Gut Pfad,
Carolin

(Erschienen in PM 137 3/2016, S. 22-23)

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