Jesus ist die Lösung

Eindrücke einer Raiderfahrt ins Heilige Land an Pfingsten 2018

Ein Bericht der Israel-Fahrtenrunde

Die heiligen Stätten im Heiligen Land verehren und auf den Wegen wandern, die Jesus vor 2000 Jahren beschritten hat – das war eines der Ziele unserer Pfingstfahrt nach Israel und Palästina. Selten hatten wir auf einer Raiderfahrt so viel Kontakt mit verschiedenen ethnischen Gruppierungen, Religionen und Konfessionen. Und egal wohin wir kamen: Wir waren beindruckt von der Offenheit und Gastfreundlichkeit, die man uns als „wandernden Pilgern“ entgegengebrachte – von den verschiedensten Seiten, von Israelis genauso wie von Palästinensern. Gleichzeitig wurden wir immer wieder Zeugen von offener Abneigung, Feindschaft und unversöhnlichem Hass zwischen den verschiedenen Gruppierungen. Konflikte, für die es – menschlich gesehen – keine Lösungen gibt; Auseinandersetzungen, bei denen die Kategorien weiß und schwarz in dieser einfachen Zuordnung nicht mehr funktionieren. Langsam dämmerte in uns die Überzeugung, dass sich solche Konflikte nicht nach innerweltlichen Maßstäben lösen lassen.

Vielmehr würde die Lösung eine übernatürliche Kraft gegenseitigen Vergebens voraussetzen, die aber nur Gott schenken kann. Das Land braucht einen Erlöser, der nicht gekommen ist, zu richten (bei wem die größere Schuld liegt), sondern um zu retten und Verzeihung möglich zu machen; einen Gott, der uns Menschen liebte, als wir noch seine Feinde waren (Röm 5,10; 1 Joh 4,10) und der uns lehrt, nach diesem Vorbild alle Menschen zu lieben, selbst unsere Feinde. Könnte es sein, dass Jesus die einzig realistische Lösung für die Konflikte im Heiligen Land ist?

Direkt am Flughafen in Tel Aviv trennt sich unserer Raiderrunde und wir starten unseren Tramp in Zweiergruppen in Richtung Norden Israels. Es dauert keine 15 Minuten und alle Trampgruppen haben ihr erstes Auto. Es sind eigentlich immer Israelis, die uns mitnehmen. Im Bewusstsein der Vergangenheit Deutschlands ist uns die Frage, woher wir eigentlich kommen, etwas peinlich, und so antworten wir anfangs recht kleinlaut mit „We are from Germany“. Wie werden unsere Autofahrer darauf reagieren? Aber kein einziges Mal trübt unsere Herkunft die Stimmung. Auch bei späteren Gelegenheiten, z.B. wenn wir an israelischen Siedlungen um Wasser bitten oder gar einmal in einer Siedlung übernachten wollen – immer werden wir mit größtem Wohlwollen aufgenommen und bekommen jede erdenkliche Hilfe angeboten. Die herzliche Gastfreundschaft beschämt uns. Nur wenn das Gespräch auf die Palästinenser zu sprechen kommt, verändert sich die Stimmung schlagartig; der Vorwurf ihrer (vermeintlichen) Unfähigkeit zur Selbstverwaltung zählt dann zu den sanftesten Tönen; andere sprechen direkt von Rebellen und Terroristen.

Am Abend des Tramptags erreichen wir den vereinbarten Treffpunkt. Die Ortschaft entpuppt sich als muslimisches Dorf von Palästinensern. Wir sitzen am Kreisverkehr und warten auf den Rest der Gruppe. Schnell werden wir von den Bewohnern der umliegenden Häuser entdeckt, freundlich willkommen geheißen und großzügig mit Obst und Getränken versorgt. Sie selber dürften wegen des Ramadans noch nichts essen oder trinken, aber um uns kümmern sie sich rührend. Als dann jemand die Meldung bringt, fünf Kilometer weiter habe er Wanderer in gleicher Kleidung wie uns gesichtet, will uns der Familienvater sogar sein eigenes Auto überlassen (!), damit wir unsere Pfadfinder suchen und einsammeln können. Mit etwas Mühe können wir uns auf Englisch verständigen; ein Onkel hat schon in Deutschland gearbeitet; es entwickelt sich ein gutes Gespräch… bis wir aus Versehen das Thema „Israel“ berühren. Schlagartig verfinstern sich die Mienen: Israel sei die Besatzungsmacht und unterdrücke die einheimische Bevölkerung. Friede mit Israel? Niemals.

In Netanya haben wir vorab ein Treffen mit den dortigen israelischen Pfadfindern organisiert. Vom ersten Augenblick an verstehen wir uns blendend. Es wird ein spannender gemeinsamer Tag, an dem wir viele konkrete Eindrücke in den israelischen Alltag und das Leben der israelischen Jugend gewinnen. Nur als wir andeuten, dass wir am nächsten Tag nach Nablus ins Westjordanland zu den Palästinensern trampen wollen, ernten wir irritierte Blicke. Palästina? „We don’t know this country.“ Auch die Stadt Nablus wollen sie nicht kennen; höchstens Šĕḵem (so der israelische Name von Nablus). Schnell merken wir, dass wir solche Themen zukünftig besser sorgfältig umschiffen.

Aber nicht nur das Verhältnis zwischen Israelis und Palästinensern ist vermint, auch die Beziehung zwischen den vielen christlichen Bekenntnissen, die im Heiligen Land aktiv sind, ist unübersichtlich. Noch nie waren wir in so kurzer Zeit bei so vielen verschiedenen Konfessionen zu Gast: In Tabgha sind wir bei ganz „normalen“ deutschen Benediktinern; in Bethlehem holen uns orthodoxe Pfadfinder von der Straße in ihr Hauptquartier; in Nazareth wollen uns griechisch-katholische Pfadfinder aufnehmen, deren Adresse wir aber nicht finden, so dass wir schließlich bei Muslimen unterkommen; in Jerusalem wohnen wir bei römisch-katholischen Franziskanern; in Taybe hilft uns ein melkitischer Priester weiter, indem er uns einen griechisch-orthodoxen Bus organisiert; in Kana treffen wir die tridentinischen Franziskanerinnen der Immaculata usw. Immer wieder erleben wir auch hier Spannungen zwischen den Konfessionen. So lassen uns in Jerusalem die armenisch-apostolischen Schwestern zwar in ihre Kirche, erheben jedoch lautstark Protest, als wir versuchen, flüsternd ein Ave-Maria zu beten.

Katholiken sei das gemeinsame Beten hier verboten, erklären sie uns. In Taybe spüren wir die Disharmonien zwischen der römisch-katholischen und der melkitischen Geistlichkeit. Zeugen des ultimativen Wettstreits der Konfessionen werden wir dann in Jerusalem um 1:00 Uhr morgens in der Grabeskirche, als zeitgleich Griechen, Orthodoxe und Lateiner ihren Gottesdienst abhalten. Jeder möglichst lauter als die anderen Konfessionen. Natürlich alles zur größeren Ehre Gottes. Diese Erfahrungen haben uns zum Nachdenken gebracht. Wir haben im Heiligen Land unzählig viele sympathische, gastfreundliche und großzügige Menschen kennengelernt – nicht nur bei den Christen, sondern in allen Religionen und Volksgruppen, und mit allen haben wir uns bestens verstanden, während untereinander kein friedliches Auskommen möglich zu sein scheint. So wurde uns immer klarer, dass für dieses Land wohl der einzige Weg zum wahren Frieden untereinander in Jesus Christus liegt. Auf dem Berg der Seligpreisungen, nahe am See Genezareth, hatten wir die Bergpredigt Jesu gelesen. „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet.“ (Mt 5,44). Nur dieses Wort Jesu und seine Kraft wird die unüberbrückbaren Ansprüche und Interessen, die es auf beiden Seiten Israels und Palästinas gibt, lösen können.

Was für den Nahen Osten im Großen gilt, gilt für jeden von uns im Kleinen. Auch in unseren alltäglichen Konflikten lässt sich oft die „gute“ und „schlechte“ Partei nicht so einfach unterscheiden. Und in vielen Fällen sind beide Seiten zumindest ziemlich grau. Menschlich gesehen sind dann Lösungen meistens unmöglich. Aber für Gott ist kein Ding unmöglich. Auch für uns gilt dann das Wort Jesu: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen.“

(Erschienen in PM 143 2-2018, S. 21-23)

Wenn sie die KPE finanziell unterstützen möchten, so bitten wir um eine Überweisung auf unser Spendenkonto: IBAN DE92 5065 2124 0029 0005 93 BIC HELADEF1SLS oder klicken sie hier: