Gedanken zum Gebet der Gruppenführung

von P. Markus Christoph

Das Gebet der Gruppenführung

Herr Jesus Christus,
Du bist gekommen, nicht um bedient zu werden,
sondern um zu dienen. Gib mir Anteil an Deiner Liebe,
damit ich meine Pfadfinder/innen in Deinem
Geist mit Deiner Kraft führe.

Dir vertraue ich sie an – schließe sie in Dein Herz:
beschütze sie an Leib und Seele,
lehre sie den Blick für das Wesentliche,
lass sie wachsen an Tugend und Ausstrahlung,
wecke in ihnen Freude am Dienst und der guten Tat,
und verbinde sie mit Dir in lebendiger Freundschaft
und festem Glauben.

Mir aber schenke ein kluges Herz,
das mit Sachverstand und Großmut entscheidet,
ein gerechtes Herz, das jedem gibt, was gut für ihn ist,
ein tapferes Herz, das in Schwierigkeiten treu bleibt,
ein maßvolles Herz, selbstlos und beherrscht.
Hilf mir, dass ich mein Leben im Glauben an Dir ausrichte,
meine Kraft aus der Hoffnung auf Dich schöpfe,
und alles in Liebe zu Dir vollbringe,
Mach mich allzeit bereit, im Dienst freudig mein Bestes zu tun,
und was mir an Kraft und Können fehlt,
ergänze Du mit Deiner Gnade. Amen.

Heiliger Franziskus, bitte für uns.
Hl. Georg / hl. Hildegard, bitte für uns.
Heiliger Jakobus, bitte für uns.
Unsre Liebe Frau vom Weg, deinen Mantel über uns leg‘.

Aus der Einsicht, wie wichtig das Gebet für die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen ist, entstand in der KPE vor Kurzem ein spezielles Gebet der Gruppenführung. Der Text kann von allen gebetet werden, die in Führungspositionen für ihre Mitmenschen Verantwortung tragen.

Herr Jesus Christus,
Du bist gekommen, nicht um bedient zu werden, sondern um zu
dienen. Gib mir Anteil an Deiner Liebe, damit ich meine Pfadfin-
der/innen in Deinem Geist mit Deiner Kraft führe

Jesus ist als Herr und König in die Welt gekommen, aber nicht um die menschliche Vorstellung von einem König zu erfüllen, sondern um nach göttlichen Maßstäben zu regieren: Die Herrschaft Gottes liegt nicht in der Ausübung von Gewalt und Unterdrückung, sondern in der Größe seiner Liebe und Hingabe. Jesus hat dieses Prinzip mit folgendem Satz auf den Punkt gebracht: „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mt 20,28). Die Größe Gottes liegt in seiner Fähigkeit zur vollkommensten Hingabe. Jesus ist das Vorbild, ihn sollen wir als Gruppenführung nachahmen.
Aber können wir das überhaupt? Können wir unseren Wölflingen, Pfadfindern und Pfadfinderinnen so selbstlos dienen, wie Jesus es uns vorgelebt hat? Oder müssen wir nicht zugeben, dass unser Herz – wenn wir ehrlich in uns hineinhören – immer irgendwie egoistisch „tickt“?
Tatsächlich übersteigt eine bedingungslose Nächstenliebe, wie Jesus sie von uns fordert, unsere Kräfte. Aus eigenem Vermögen können wir das nicht. Aber wenn Jesus uns seine Liebe schenkt? „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen“ (Röm 5,5). Jesus schenkt uns Anteil an seiner Liebe, so dass wir unseren Nächsten lieben können, wie er ihn liebt. Dann liebt er ihn durch uns. Oder anders ausgedrückt: Wir lieben ihn in seinem Geist, mit seiner Kraft.
Das war und ist das Geheimnis aller Heiligen – eines heiligen Paulus, Franziskus, Philipp Neri, Mutter Teresa, Papst Johannes Paul II. Es muss auch unser Geheimnis als Gruppenführer werden.

Dir vertraue ich sie an – schließe sie in Dein Herz:
beschütze sie an Leib und Seele,
lehre sie den Blick für das Wesentliche,
lass sie wachsen an Tugend und Ausstrahlung,
wecke in ihnen Freude am Dienst und der guten Tat,
und verbinde sie mit Dir in lebendiger Freundschaft und festem
Glauben.

Die erste und schönste Aufgabe der Gruppenführung besteht darin, die Kinder und Jugendlichen Jesus anzuvertrauen, sie ihm ans Herz zu legen, ja in sein Herz. Diese bildliche Ausdrucksweise ruft uns in Erinnerung, wie Jesus auf Erden die Kinder in seine Arme geschlossen und an sein Herz gedrückt hat. Die Gruppenführung soll – anders als die Apostel damals, die die Kinder zurückgewiesen haben – sie bewusst zum Herzen Jesu führen, sie ihm anvertrauen und weihen. Wertvoll und entlastend ist diese Art der Übergabe vor allem dann, wenn es bei konkreten Sorgen und Schwierigkeiten keine Möglichkeit gibt, selber direkt einzugreifen und zu helfen. Fünf Dinge erbittet die Führung für ihre Pfadfinder – entsprechend den fünf klassischen „Zielen des Pfadfindertums“:
1. Gesundheit. Die Aktivitäten der Pfad¬nder in der freien Natur sollen u.a. helfen, die Gesundheit des Menschen zu erhalten und zu stärken. Physisch, psychisch, geistig. In allen drei Bereichen gibt es Verletzungen, kann Heilung nötig sein. Freilich, die Gesundheit ist nicht das wichtigste; aber sie ist eine wichtige Voraussetzung, um überhaupt selber aktiv Gutes tun und dem Nächsten tatkräftig helfen zu können. Deswegen wird die Gesundheit als erstes, grundlegendes Ziel des Pfadfindertums genannt. Möge auch der Herr seinen Segen dazu geben.
2. Sinn für das Konkrete. Pfadfinder sollen keine Luftschlösser bauen, sondern ein Gespür dafür entwickeln, was wichtig, realistisch, zielführend ist. Diese Fähigkeit ist entscheidend für den Erfolg bei Pfadfinderaktivitäten wie Geländespielen, Lagerbauten, Hajks usw., aber noch viel zentraler für das Gelingen des eigenen Lebens. Nur wer Wesentliches vom Unwesentlichen unterscheiden kann, wird die richtigenen Prioritäten setzen. Der Herr lasse unsere Pfad¬nder auch in dieser Fähigkeit wachsen.
3. Charakter. Pfadfindertum meint Charakterschule. Die Übernahme von Verantwortung in der kleinen Gruppe, das Leben nach dem Pfadfindergesetz, die Probenarbeit usw. formen den Charakter. Darum erbitten wir für die Jugendlichen Wachstum an Tugend. Dabei sind Tugend und Charakter keine Selbstzwecke, sondern ermöglichen es Jesus, der im Herzen des Christen wohnt, in unsere Umgebung „durchzustrahlen“. (Paulus: „Wir alle spiegeln mit enthülltem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn wider“ 2Kor 3,18). Die freudige Ausstrahlung ist das wichtigste Instrument eines Pfadfinders, andere Menschen für Christus zu gewinnen.
4. Dienst. Die Bereitschaft, dem Nächsten zu helfen, ist eines der zentralen Anliegen des Pfadfindertums. Täglich eine gute Tat. „Meinen Mitmenschen jederzeit helfen“ heißt es im Pfadfinderversprechen. „Ich diene“ lautet der Wahlspruch der Roten Stufe. Dass der Dienst nicht nur als Pflichterfüllung, sondern aus innerer Freude geschieht (und nur so zu innerer Freude führt), darum bittet der vierte Punkt.
5. Glaube. Letztlich zielt das Pfadfindertum darauf, das Herz der Jugendlichen für Gott zu öffnen. Auch hier darf man nicht bei der bloßen Erfüllung religiöser P ichten stehen bleiben; vielmehr geht es um Wachsen einer lebendigen Freundschaft mit Jesus, die dann das Fundament eines felsenfesten Glaubens werden kann.
Die vielfältigen Aktivitäten des Pfad¬ndertums, die von der Gruppenführung geleitet und begleitet werden, sind Mittel, diese fünf Ziele zu erreichen. Gleichzeitig gilt es das Bewusstsein wachzuhalten, dass im Letzten das Erreichen der Ziele von Gott abhängt. Am göttlichen Segen ist alles gelegen. Beide Seiten sind wichtig. Ora et labora. Deshalb die fünffache Bitte um Verwirklichung der Pfadfinderziele im Gebet der Gruppenführung.

Mir aber schenke
ein kluges Herz, das mit Sachverstand und
Großmut entscheidet,
ein gerechtes Herz, das jedem gibt, was gut für ihn ist,
ein tapferes Herz, das in Schwierigkeiten treu bleibt,
ein maßvolles Herz, selbstlos und beherrscht.

Für ein erfolgreiches Fußballspiel reicht es nicht, dass die Mitspieler gut sind, man muss auch selber den Ball treffen. Und darum betet der Gruppenführer nicht nur für die ihm Anvertrauten, sondern auch für sich selbst, nämlich um ein …
1. Kluges Herz. Klugheit bedeutet die Fähigkeit, zur richtigen Zeit, am richtigen Ort, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Richtige zu tun. Gerade wenn jemand für andere Verantwortung trägt, ist diese Art von Klugheit von zentraler Bedeutung. Dazu braucht es einerseits Sachverstand und Erfahrung; bloß „gutgemeint“ ist ungenügend. Zugleich reicht aber auch bloßes Fachwissen nicht aus; vielmehr müssen die Entscheidungen der Führung immer von einem spürbaren Wohlwollen getragen werden, das nicht nur fachlich kompetent, sondern auch mit persönlicher Hingabe entscheidet. Sachverstand UND Großmut sind nötig.
2. Gerechtes Herz. Gerechtigkeit bedeutet, jedem das Seine zu geben, d.h. das, was dem anderen zusteht. Dieses „Seine“ ist nicht immer das „Gleiche“. Dass ein Hilfsbedürftiger vom Staat mehr Unterstützung erhält als ein Millionär, ist nicht eine Frage der Nächstenliebe oder Nettigkeit, sondern der Gerechtigkeit. Dies gilt für jede Art menschlichen Zusammenlebens, auch bei den Pfadfindern. Die Gruppenführung muss einschätzen können, welche Zuwendung, welche Anerkennung, aber auch welche Förderung jeder Einzelne braucht, um persönlich wachsen zu können. Die Tugend der Gerechtigkeit ermöglicht es der Führung, jedem in der Gruppe zu geben, was in seiner konkreten Situation gut für ihn ist.
3. Tapferes Herz. Tapfer ist der Soldat, der in Lebensgefahr auf seinem Posten aushält. Tapferkeit gibt es aber nicht nur im Kriegsfall. Tapfer ist jeder, der angesichts äußerer Widerstände seinen eigenen guten Vorsätzen treu bleibt; der sich von seinen Idealen nicht gleich abbringen lässt, wenn am Horizont dunkle Wolken auftauchen. Gerade der Gruppenführer, der oft einem „Sturm“ von verschiedenen Wünschen und manchmal sogar gegenteiligen Forderungen ausgesetzt ist, braucht diese Art von Tapferkeit.
4. Maßvolles Herz. Nicht nur äußere Schwierigkeiten können uns vom rechten Weg abbringen, sondern auch Verlockungen aus unserem Inneren, aus unserem Herzen: unsere Bequemlichkeit, das Streben nach Ansehen, vordergründige Konsumwünsche werden leicht zum Bremsblock unserer Dienstbereitschaft. Deshalb braucht gerade der Gruppenführer ein maßvolles, selbstloses und beherrschtes Herz. Die vierfachen Aspekte des Herzens einer Führungspersönlichkeit entsprechen genau den vier Kardinaltugenden Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigkeit, in denen das abendländische Menschenbild die Grundlagen für ein gelingendes gemeinschaftliches Zusammenleben zusammengefasst hat.

Hilf mir, dass ich mein Leben im Glauben an Dir ausrichte,
meine Kraft aus der Hoffnung auf Dich schöpfe,
und alles in Liebe zu Dir vollbringe,

Über den Kardinaltugenden stehen für den Christen die sog. „göttlichen Tugenden“, Glaube, Hoffnung und Liebe.
Glaube. Gruppenführer zu sein bedeutet auch Vorbild zu sein. Die wichtigsten Orientierungspunkte dazu liefert unser Glaube. Nur wenn wir alle unsere Lebensbereiche nach den Maßstäben, die uns Gott im Glauben schenkt, ausrichten (…und „alle“ meint „alle“…), können wir authentische Zeugen des Glaubens für andere werden. Nur Feuer, das selber brennt, kann andere entzünden.
Hoffnung. Jugendarbeit besteht darin, Samen zu säen und das Wachsen der P änzlein abzuwarten; zu hoffen, dass der Herr des Weinbergs Früchte reifen lässt, zu seiner Zeit. Die Frucht sehen wir noch nicht, aber trotzdem ist sie die Motivationsquelle für unser Engagement. Und darum ist die Tugend der Hoffnung gerade für den Gruppenführer von zentraler Wichtigkeit.
Liebe. „Die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht“ (Kol 3,14). Der Einsatz und die Hingabe im Dienst der Gruppenführung wird in dem Maß an Wert und Vollkommenheit zunehmen, in dem unser Engagement beseelt ist von Gottesliebe; wenn es uns gelingt, in den uns anvertrauten Kindern und Jugendlichen Jesus zu sehen und zu lieben.

Mach mich allzeit bereit, im Dienst freudig mein Bestes zu tun

Der Wahlspruch bei den Wöl ingen lautet „Unser Bestes“, in der Pfadfinderstufe „Allzeit bereit“, und bei den Rovern und Rangern „Ich diene“. Eine Gruppe gut zu führen bedeutet, alle drei Wahlsprüche zu vereinen: Die Führungsaufgabe ist in erster Linie eine Herausforderung zum Dienst. Der soll aber nicht gezwungen, sondern freiwillig, ja freudig übernommen werden, noch mehr: sein Bestes soll man geben, denn es geht ja um nichts weniger als um die Weitergabe der Liebe Christi, die er uns geschenkt hat und die er durch uns weitergeben will. Und für all das sollen wir „allzeit bereit“ sein, wenn wir gebraucht werden und unsere sonstigen Pflichten es zulassen.

Und was mir an Kraft und Können fehlt, ergänze Du mit Deiner
Gnade. Amen.

Gerade der Anspruch des vorausgehenden Absatzes, immer bereit zu sein zum freudigen Dienst, zeigt, dass die vollkommene Erfüllung einer Führungsaufgabe unsere Fähigkeiten übersteigt. Doch als Christen wissen wir: Was wir aus eigenem Vermögen nicht leisten können, wird Gott ersetzen und ergänzen – sowohl was unsere Kraft und Ausdauer angeht, als auch unseren Mangel an Können und Wissen. Denn „alles vermag ich in dem, der mich stärkt“ (Phil 4,13).

Heiliger Franziskus, bitte für uns.
Hl. Georg / hl. Hildegard, bitte für uns.
Heiliger Jakobus, bitte für uns.
Unsre Liebe Frau vom Weg, deinen Mantel über uns leg‘.

Das Gebet schließt ab mit der Anrufung unserer besonderen Patrone. Aus unserem Pfadfinderleben wissen wir, dass es in
jeder Gruppe Spezialisten für verschiedene Aufgaben gibt: Der eine kann kochen, der andere Karte lesen, ein dritter singen. Das gleiche gilt im geistlichen Bereich: Die genannten Heiligen sind die besonderen Schutzexperten für die Kinder und Jugendlichen in der entsprechenden Stufe. Fordern wir sie mit unserem Vertrauen heraus – ganz besonders ULF vom Weg!

(Erschienen in PM 138 4/2016, S. 16-18)

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