Die Weihnachtsbotschaft pur

von Pfarrer Sebastian Bucher
Kurat des KPE-Stammes in Feldkirchen

Wenn man die Weihnachtsberichte der Bibel nach der Zeit ihrer Entstehung ordnet, so kommt man zum Ergebnis, dass nicht die Weihnachtserzählung des hl. Lukas, auf der in weiten Teilen unser Weihnachtsfest beruht – so wie wir es heute kennen– die erste ist, sondern dass ein Satz des hl. Paulus die erste Erzählung über Weihnachten ist.

Erstaunlich dabei ist, dass in den Briefen des hl. Paulus alles Weihnachtliche fehlt, wie wir es kennen und uns vorstellen. Paulus erzählt nicht von der beschwerlichen Reise der hochschwangeren Gottesmutter und Josefs von Nazareth nach Betlehem wegen der Volkszählung des Augustus. Er kennt keine Herbergssuche. Er weiß nichts von der Geburt im Stall. Er berichtet auch nicht von Engeln, die auf den Fluren Betlehems verkünden: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden.“ Er erwähnt keinen Besuch der Hirten im Stall und ebenso wenig einen von Königen oder Weisen aus dem Morgenland. Das haben erst die Evangelisten für uns aufgeschrieben. Für den hl. Paulus war dies alles offensichtlich nicht so wichtig.

Kurz und knapp, ja stocknüchtern schreibt Paulus über Weihnachten. Ohne Emotionen und Wohlfühl-Effekt. Es ist ein einziger Satz aus dem Galaterbrief, und wie gesagt, die Fachleute nehmen an, dass dieser Satz der älteste Bericht des Neuen Testamentes ist, der über Weihnachten spricht. Er lautet:

„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und dem Gesetz unterstellt, damit er die freikaufe, die unter dem Gesetz stehen, und damit wir die Sohnschaft erlangen.“ (Gal 4,4-5)

Das Großartige an diesem Satz ist, dass er die Weihnachts-Botschaft pur enthält: Gott sandte seinen Sohn; er wurde geboren von einer Frau, damit wir die Sohnschaft erlangen. Das ist alles, was Paulus über Weihnachten zu sagen hat und das ist auch alles, was wir über Weihnachten wissen müssen. Mehr wird in unseren Glaubensbekenntnissen auch nicht gesagt. Das Apostolische Glaubensbekenntnis bekennt ähnlich kurz und bündig wie Paulus: „Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, unseren Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria.“ Das Große Glaubensbekenntnis schickt dem eben zitierten Text noch voraus: „Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen.“

Die Weihnachtsbotschaft des Paulus ist auf der einen Seite sehr nüchtern, auf der anderen Seite lenkt aber auch nichts vom Kern von Weihnachten ab. Denn darum geht es in Betlehem: Gott wird Mensch, damit wir Söhne und Töchter Gottes werden. Vielleicht tut es auch uns gut, uns auf das Zentrale, Wesentliche von Weihnachten zu besinnen und uns nicht vom Brauchtum – so schön es auch ist – ablenken zu lassen!

Liebe Leser!
Haben Sie sich schon einmal die Frage gestellt, was der Glaube eigentlich bringt? Oder wurden Sie durch andere mit dieser Frage konfrontiert? Meist kommt sie in schmerzhaften Prüfungen, in Lebenskrisen oder einfach im Blick auf unsere Welt, die immer mehr aus dem Lot gerät.

Wer sicher nichts bringt, ist der Jesus, der auf einen guten Menschen verkürzt wurde. Wenn Jesus nur ein besonderer Mensch war, aber eben nicht mehr, bringt er nichts. Wenn aber Jesus der Sohn Gottes ist, den der Vater im Himmel gesandt hat, als die Zeit erfüllt war, und der von einer Frau geboren worden ist – wie es der Hl. Paulus schreibt – dann bringt Jesus unglaublich viel: Dann bringt er nämlich Gott selbst.

Jesus hat Gott gebracht, weil er selbst Gott ist! Die Antwort auf die Frage „Was bringt mir Jesus?“ ist Gott. Und warum? Damit wir Söhne und Töchter Gottes werden können.

„Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, damit wir die Sohnschaft erlangen.“

Im Grunde feiern wir an Weihnachten unser Fest! Der Sohn Gottes wurde Mensch, damit wir Töchter und Söhne Gottes werden dürfen! Es geht bei der Menschwerdung Gottes um uns!

Jeder, der getauft ist und der sich für Jesus entschieden hat, der in seinem Herzen ehrlich sagen kann „Jesus ist mein Herr“ (vgl. Röm 10,9), hat die Würde, Tochter oder Sohn Gottes sein zu dürfen. Und das ist nicht wenig! Wir dürfen Töchter und Söhne von dem sein, der das ganze Universum erschaffen hat, der ohne Anfang und ohne Ende ist, der absolut heilig, mächtig, vollkommen und vor allem liebevoll, barmherzig und zärtlich ist.

Unsere Identität als Christ ist die Identität eines Menschen, der sich als Tochter oder Sohn Gottes begriffen hat, der aufrecht durchs Leben geht, weil er einen Vater im Himmel hat, der sie oder ihn unendlich liebt. Weihnachten lädt uns ein, diese Identität neu zu entdecken.

Zum Schluss ein ganz praktischer Tipp, wie wir gerade an Weihnachten zu dieser Identität finden können. Gehen Sie zu einer Krippe, zuhause oder in der Kirche. Sehen Sie sich das Kind in der Krippe an und beten sie dann: „Jesus, ich glaube, dass du der Sohn Gottes bist, den der Vater in die Welt gesandt hat, damit auch ich ein Sohn/eine Tochter Gottes sein kann.“ Oder sagen Sie etwas Persönliches, das zum Ausdruck bringt, dass Sie es ernst mit ihm meinen und das Geschenk von Weihnachten gerne annehmen möchten.

(Erschienen in PM 141 3-2017, S. 16-17)

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